Hanser 2019, 156 S.
Georg Honigmann, der Vater der Autorin, war Jahrgang 1903. Er stammte aus einer jüdischen Arztfamilie, war Odenwaldschüler, wurde Journalist, emigrierte während des Nationalsozialismus nach Kanada und London, spionierte dort für die Sowjetunion und ging nach dem Krieg als überzeugter Kommunist in die DDR. Dort ist dann seine Tochter aufgewachsen. Er war eine schillernde Figur: ein Kosmopolit, Bohemien und Sozialist – einer, dem es allerdings nirgends gelang, Fuß zu fassen. Die Tochter erzählt von diesem mäandernden Leben ebenso fasziniert wie irritiert. Sie jammert nicht darüber, dass sie mit den wechselnden Frauen, die der Vater in die wechselnden Wohnungen holte, zurechtkommen musste. Mit Ehefrau Nr. 3, der Brecht-Schauspielerin Gisela May, war sie lebenslang befreundet. Ihre kritische Annäherung an diesen Georg ist ein facettenreiches, großartiges kleines Stückchen Literatur.