Annie

Ernaux,

Der Platz

(Ü: Sonja Finck), Suhrkamp 2019, 95 S.

Annie Ernaux erzählt das Leben ihres Vaters in ihrer besonderen Schreibweise. Sie benutzt eine autobiografische Form der Direktheit im sachlichen Ton und betont die Bedeutung sozialer Herkunft. Es geht um familiäre Konflikte, die durch Milieuwechsel entstehen. Zunächst arbeitet der Vater als Knecht, dann in Fabriken und schließlich ist er Inhaber eines Lebensmittelladens mit Kneipe. Die Tochter lernt in der Schule, sich für ihre Herkunft zu schämen, als Erwachsene hat sie deshalb ein schlechtes Gewissen. Sie verlässt die Provinz. Durch ein Studium und als Gymnasiallehrerin gelingt ihr der Aufstieg in die urbane Mittelschicht. Bewusst vermeidet sie die heimische Mundart, doch in ihrem korrekten Französisch kann sie sich nicht mehr mit ihrem Vater unterhalten. Dieser kleine Text ist eine Milieustudie und kraftvolle Literatur zugleich.